Die Lebensmittelindustrie hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht und viele neue Produkte auf den Markt gebracht. Eine Gruppe dieser neuen Lebensmittel wird unter dem Begriff „Novel Food“ zusammengefasst. Dabei handelt es sich um Produkte, die bis 1997 innerhalb der EU nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr genutzt wurden. Dazu gehören beispielsweise Insekten, Algen oder bestimmte Pilzarten sowie Lebensmittel, die durch neue Verarbeitungstechnologien oder gentechnische Veränderungen hergestellt werden, etwa In-vitro-Fleisch, neuartige Süßungsmittel oder auch Pflanzenextrakte.
Novel Food eröffnet zahlreiche Möglichkeiten, die Vielfalt und den Nährstoffgehalt von Lebensmitteln zu erhöhen und innovative Lösungen für globale Ernährungsprobleme zu finden. Singapur gilt als Vorreiter in Sachen Novel Food. Wir haben uns in unserem Innovationskompass umgeschaut, was sich dort tut, um zu wissen, was in Zukunft bei uns auf den Tellern landen könnte. Da Novel-Food-Produkte aber aus gutem Grund eine einheitliche Sicherheitsbewertung durchlaufen müssen, bevor sie in der EU auf den Markt kommen, dürfte es wohl noch eine Weile dauern.*
Pilzfasern als neuartiger Grundstoff von Lebensmitteln
Immer öfter ist von Entwicklungen und Erfindungen zu hören und zu lesen, die von Myzelien leben. Dies sind feinste Fasern von Pilzen, vereinfacht gesagt. Solche Neuheiten kommen in der Architektur, in der Textilbranche oder auch allgemein in der Materialforschung zum Zug. Sofern man Auguren oder wahlweise Start-up-Enthusiasten glauben kann, sind sie ein bahnbrechender Rohstoff für die Ernährung der Zukunft. Zum Beispiel das in Singapur und Indien ansässige Unternehmen Mycovation setzt darauf. Gegründet 2020, bezeichnet es sich als Asiens erstes Mykoproteintechnologie-Unternehmen und verspricht nährstoffreiche und leckere neue Lebensmittel, die tierische Proteine ersetzen sollen. Die Produktion fußt auf Fermentierung. Die erste Produktlinie des Unternehmens läuft unter dem Namen MyX und umfasst verschiedene Mehle, die sich zum Backen, für Müsliriegel, als Hackfleischersatz oder auch für funktionelle Getränke eignen sollen. Außerdem bietet Mycovation für Geschäftskunden maßgeschneiderte Anpassungen von festen Nahrungsmitteln sowie Getränken an. Laut der Unternehmenswebsite werden für die Biomassefermentation kohlenhydratreiche Substrate aus kostengünstigen landwirtschaftlichen Produktnebenströmen genutzt. [1]
Immer noch etwas halbgar, aber nun immerhin im Handel: Laborfleisch in Fernost
Von Laborfleisch ist schon seit Jahren gespannt die Rede, doch es kommt den Tellern der Allgemeinheit bisher nicht merklich näher. Die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten an dem Fleisch, das aus Zellen tierischen Gewebes gezüchtet wird, sind in mancher Hinsicht aufwendig und teuer. Relativ weit gediehen ist die Sache in Singapur. Während rund um den Globus noch gezögert wird, ist dort bereits Geflügelfleisch aus der Petrischale auf dem Markt: die Produkte von Good Meat, der Laborfleischeinheit des Unternehmens Eat Just. Sie werden über eine singapurische Schlachterei und das zugehörige Restaurant vermarktet. Und jetzt will Shiok Meats nachziehen, ein singapurisches Start-up, das In-vitro-Krustentiere und weitere Meeresfrüchte dieser Art erzeugt. Das Unternehmen hat im April 2023 die amtliche Zulassung für den Vertrieb beantragt und möchte seine Produkte bis Mitte 2024 auf den Markt bringen, unter anderem in der Gastronomie. Um die kritische Phase bis zur Kommerzialisierung zu bewältigen, sind trotz bislang großer Kapitalspritzen den Angaben zufolge weitere umfangreiche Investitionen erforderlich. Und auch die Nachfrage scheint noch gar nicht gegeben zu sein. Es heißt, es sei auf jeden Fall noch Überzeugungsarbeit bei den Verbrauchern nötig, damit sie solche neuartigen Angebote überhaupt annehmen mögen. [2] [3]
Pflanzlicher Spiegeleiersatz
Die Liste an Unternehmen, die vegane Eialternativen vermarkten, wird seit Jahren lang und länger. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: The Every Co., JUST Egg, Zero Egg, Acremade oder auch Simply Eggless. Dennoch scheint es in diesem Segment noch eine Marktlücke zu geben, und die will Float Foods füllen. Das aus Singapur stammende Start-up wirbt für sein Produkt OnlyEg; den Angaben zufolge ist es Asiens erster pflanzenbasierter Vollei-Ersatz. Das Besondere daran, wenn die Angaben auf der Website denn zutreffen: Mit OnlyEg lässt sich in der Pfanne etwas zaubern, was in puncto Optik und Konsistenz ganz und gar wie ein klassisches Spiegelei daherkomme. Damit unterscheidet sich das Produkt den Firmenangaben zufolge von bisher verfügbarem Eiersatz, der sich lediglich für Rührei oder als Backzutat eigne. Grundsubstanz der Alternativeier seien Hülsenfrüchte, heißt es. Der Ausgangspunkt für die Neuentwicklung sei ein gewaltiger Sprung bei der Nachfrage nach Eierimporten im Jahr 2020 gewesen, den die Köpfe hinter Float Foods als nicht nachhaltig erachtet hätten. Stattdessen solle der auch traditionell große Eibedarf asiatischer Länder künftig möglichst weitgehend mit pflanzlichen Eialternativen gedeckt werden. [4]
Grüße aus dem INNO-VERSE
Das in-manas-Team
QUELLEN UND VERTIEFUNGSTIPPS [1] https://www.mycovation.asia/ [2] https://shiokmeats.com/
* In der Regel können Lebensmittel ohne vorherige Genehmigung auf den europäischen Markt gebracht werden. Eine Ausnahme sind Neuartige Lebensmittel (Novel Food), da es keine ausreichende Erfahrungsbasis im Hinblick auf deren Sicherheit und Verträglichkeit gibt. Novel-Food-Produkte müssen daher einer einheitlichen Sicherheitsbewertung unterzogen werden, bevor sie in der EU in Umlauf gebracht werden dürfen. Grundlage dafür ist eine EU-Verordnung (EU | 2015/2283), die einen strengen Rahmen für die Zulassung und Überprüfung von Novel Food festlegt.
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